Heutzutage verstehen wir unter dem Freiheitsbegriff etwas ganz Anderes wie im Mittelalter. Mit Freiheit wird das Klischee des alleine im Wald lebenden Naturburschen verknüpft, der sich selbst verssorgt und von niemanden eingeschränkt wird. Oder wir verstehen unter Freiheit, dass sich der Staat nicht permanent in die persönlichen Belange seiner Bürger einmischt. Freiheit ist im Verständnis der Neuzeit das losgelöst sein von allen Normen und Rechtsvorschriften die den Menschen einschränken in seiner Persönlichkeit. Aber ist das wirklich Freiheit???
Diese Art von Freiheit ist unmöglich, da sie ein losgelöst sein von allen sozialen Normen definiert und das wiederum widerspricht dem Menschsein an sich, da der Mensch ein soziales Wesen ist und diesen Austausch dringend braucht in seiner Entwicklung.
Im Mittelalter gilt ein anderer Freiheitsbegriff. In der Freiheitsdefinition gibt es die Begriffe positive Freiheit und negative Freiheit. Positive Freiheit ist die Freiheit zu etwas z. B. freie Berufswahl und negative Freiheit ist die Freiheit von etwas, z.B. Steuern schränken mich ein und bin ich davon befreit so ist das eine negative Freiheit.
In der Antike gab es Einschränkungen durch das Sklaventum. In der Gesellschaftsform der Antike hatten wir Unfreiheit, da bekanntlich zwischen Freien und Unfreien unterschieden wurde. Platon beschreibt in der Idealvorstellung des Allgemeinwesens, der Politea, dass alle Menschen Brüder sind, doch die göttliche Vorstellung drei Stände vorgesehen haben. Die Herrscher, deren Helfer und die Armen wie Handwerker und Bauern. Frauen, Kinder, Lohnhandwerker, Sklaven sind automatisch Unfrei, da diese in Abhängigkeit von Anderen stehen. Wer reich ist automatisch frei, da er sich alles leisten kann. Folglich sind alle anderen nicht frei, da sie Beschränkungen unterstehen, obwohl sie vom Stand als frei gelten. So sagt Platon auch aus, dass diejenigen die ihren Besitz von anderen bearbeiten lassen absolut frei sind. Im alten Rom gab es auch die sogenannten Ordos. Den Hohen Ordo, den Mittleren Ordo und den Niedrigen Ordo. In der römischen Kaiserzeit werden die Ordos neu belegt mit dem Stand der Senatoren, der Ritter und dem Pobulus. Mit der Zeit fällt der Populus heraus und wird durch den Ordo Decorium (Beamtenstand) ersetzt. Frei ist in der Römerzeit derjenige der sich nicht selber versorgen muss. Weiterhin kommt das Klientelsystem zum Tragen, das heißt jeder war in irgendeiner Form abhängig von einem Höhergestellten. Dadurch zog sich auch unter den Freien der römischen Gesellschaft eine Unfreiheit durch alle Gesellschaftsschichten durch.
Mit den christlichen Ständen werden die Menschen in ihrer Tätigkeit erhöht. So schreibt Paulus, dass es keine Unterschiede zwischen den einzelnen Völkern gibt da alle eins sind und verbunden im Geiste Gottes. Somit wird Gleichheit formuliert, aber …. nicht für diese Welt sondern für die nächste Welt. Im Mittelalter kommt der germanische Begriff „FREI“ auf und ist mit Friede und Freund zu assoziieren und wird mit dem lateinischen Liber gleichgestellt. Das frühe Mittelalter ist in der europäischen Historie eingeteilt in die Bauern und Handwerker unter der Obhut eines Adeligen. Daraus entwickeln sich wieder die drei Stände heraus. Die Menschen sind durch Geburt den Ständen zugeteilt. Der Klerus ist aus der Strukturierung eigentlich herausgenommen, da er ein eigenes System darstellt, doch ist auch klar das Adelige wesentlich leichter in den klerikalen Bereich aufgenommen konnten wie eben ärmere Bevölkerungsschichten. Der dritte Stand wird sehr pauschaliert dargestellt, doch tatsächlich sind über 90 % der Bevölkerung dem dritten Stand zuzurechnen. Die Vorstellung, dass alle im dritten Stand gleich oder ungleich sind ist selbstverständlich ein gewaltiger Irrtum. Im Mittelalter war Ungleichheit ein allgemein anerkannter Begriff der sich bis zur französischen Revolution hielt. In der Moderne nutzen wir den Begriff Gleichheit mit den universellen Menschenrechten um uns zu definieren.
Im Mittelalter sind Rechte an die Stände gekoppelt und das System ist eine Feudalherrschaft, bei der der Grundbesitz eines Herrn von anderen bewirtschaftet wird. Anfänglich ist im Mittelalter das Ganze eine Grundherrschaft und verändert sich im Laufe der Zeit. Die Menschen leben in einem begrenzten und überschaubaren Wirtschaftssystem zusammen z. B. ein großer Gutshof und der Grundherr hat das rechtliche Sagen auf diesem Landstück unter sich. Alle Menschen die sich um diesen Grundherrn scharrten nannte man Familia und hatte mit dem Begriff Familie nichts zu tun. Diese hieß früher das Geschlecht und war auf den heutigen Familienverbund beschränkt. Der größte Teil der Familia war jetzt unfrei und abhängig vom Gutsbesitzer. Die Gutshöfe sind in einer Tradition zu den Gütern der Römer zu sehen, nur mit dem Unterschied das früher Sklaven genutzt wurden und jetzt „UNFREIE“. Der Grundbesitzer hatte die grundherrschaftlichen Rechte, die leibherrschaftlichen Rechte, die gerichtsherrschaftlichen Rechte und die Nutzungsrechte über die Menschen. Mit den grundherrschaftlichen Rechten entschied der Grundherr wo und was man arbeitete, mit den leibherrschaftlichen Rechten entschied der Gutsherr wo man lebte und wen man heiraten dürfte, mit den gerichtsherrschaftlichen Rechten hatte der Gutsherr die komplette Entscheidungsgewalt über alle rechtlichen Fragen und mit den Nutzungsrechten stellt der Gutsherr Gerätschaften zur Verfügung, wie z. B. Mühlen, für die er auch wieder Nutzungsentgelt erhielt. Ein Unfreier gehörte zum Land und durfte nicht die Scholle auf der er lebte verlassen mit Ausnahme beim Verkauf eines Stück Landes wurde der Unfreie mit drangegeben. Im Mittelalter gab es eine Menge an Abgaben wie im Todesfall bei Ableben eines Unfreien erhielt der Gutsherr eine bestimmte Abgabensumme, beim Verkauf eines Viehs oder beim Verkauf eines Bestkleides ebenfalls eine Abgabensumme. Ebenfalls gab es bei der Hochzeit eine Abgabe an den Gutsherrn um sich frei zu kaufen. Daraus entstand auch dann der Anspruch auf die erste Nacht mit der Braut, bei der der Gutsherr die jungfräuliche Braut schändete. Man konnte sich ja freikaufen, wenn etwas Geld vorhanden war. Dann gab es vor Gericht die Gerichtsgebühren, da der Großteil der zu verhandelbaren Streitfälle nichts mit Mord und Totschlag zu tun hatten. Zusätzlich gab es auch Nutzungsgebühren für die Mühle oder Kelter, Gerätschaften die dem Gutsherrn gehörten. Die Gutsherren selber waren aber auch einer Steuer unterworfen und zwar der sogenannten Kopfsteuer die an den König und den höheren Adel entrichtet werden musste. Diese hier aufgeführte Struktur des Grundherrn war bis ins 11. Jahrhundert die vorherrschende Form im Abendland und hat mit den Rittern noch nichts zu tun.
Vom 7. Jahrhundert bis ins 12. Jahrhundert kommt dann das Rittertum so langsam auf und verändert auch die Struktur der Dreiständegesellschaft. Der Grund des Ritters, das Fron, wurde aufgeteilt in das Salland, ein vom Grundherrn in Eigenwirtschaft aufgeteilten Teil des Frons und die übrigen Böden wurden als Hufenland von freien, halbfreien oder unfreien Bauern bearbeitet. Diese hatten je nach Bodenzuordnung einige Wochen Frondienst zu leisten mit Ausnahme derjenigen die direkt auf dem Gut beschäftigt waren, denn dieser Personenkreis musste immer Frondienst verrichten. Neben den Rittern als Gutsbesitzer gab es aber auch die klerikale Linie der Gutshöfe, die durch Klöster oder Pfarrgemeinden betrieben wurden. Für die halbfreien und unfreien Bauern gab es dahingehend keine Unterschiede zu einem Ritterherrn. Hatte nun ein Grundherr sehr viel Grundbesitz so musste er über Vasallen oder Verwalter Teile seiner Ländereien an diese zur Bewirtschaftung abgeben. Dieses Vasallentum ging aber auch in eine umgekehrte Richtung und zwar nach oben. Um sich als Gutsbesitzer abzusichern war es teilweise von Nöten selber Vasall eines mächtigeren Fürsten oder Herrschers zu werden.
Ab dem 12. Jahrhundert änderte sich die Struktur, da jetzt der Übergang zu einer Renten- und Zinswirtschaft erfolgte. Grundsätzlich wurden nun der Gutsbesitz an Verwalter den sogenannten Ministerialen übergeben die dann das Gut im Auftrag führten. Genauso gut konnte es aber auch ein Freier oder Halbfreier sein der nun eigenständig den Boden bewirtschaftete und dem Ritter Abgaben entrichten musste. Namen wie Meier (Meierhof) oder Schulze (Dorfschulze) zeugen von der Einstufung der genannten Personen in eine Verwaltertätigkeit. Gerade ab dem 12. Jahrhundert veränderte sich das Abgabensystem von Naturalabgabe zur Geldabgabe. War in der frühen Zeit Geldwirtschaft nicht wichtig, so veränderte sich dies mit dem 12. Jahrhundert erheblich, da Aufgaben immer weiter aufgeteilt wurden und nur durch eine florierende Geldwirtschaft diese neuen Wege beschritten werden konnten. Speziell fällt dazu das Kreditsystem der Templer ins Auge für einen bargeldlosen Zahlungsverkehr zwischen den Kreuzfahrerstaaten und dem Abendland. Die Frondienste wurden immer weiter zurückgefahren und die Bauern waren nun im Besitz von gepachtetem Land. So veränderte sich auch die Strukturen in einem Dorf, da jetzt sogenannte Hofbauern ganze Höfe übernahmen und bewirtschafteten durch ihre Helfer. Ein großer Teil der Bauern waren die Häusler, sie waren im Besitz eines Hauses, hatten aber nicht genügend Land um sich selbst zu versorgen und bedurften der Hilfe der Hofbauern. Im Dorfleben stellten die Bauern die Oberschicht, während Handwerker eher die Mittelschicht bis Unterschicht repräsentierten. Am unteren Ende der Dorfgemeinschaft waren dann die Knechte und Mägde, die bei ihrem Herrn lebten und über keine eigene Heimstatt verfügten. Bis jetzt wurde der Bereich der Unfreiheit angesprochen, doch gab es auch Freie die es geschafft hatten nach oben zu kommen oder Freibauern (Wehrbauern), die in Grenzregionen oder schwierigem Gelände angesiedelt wurden. Die Freibauern waren verpflichtet sich zu Kriegszwecken in die Truppen ihres Ritters einzufügen, während die Unfreien davor verschont blieben Kriegsdienst leisten zu müssen.
Mit dem Übergang in das Zinssystem erfolgt eine Abspaltung der Adeligen von ihren Freien und Unfreien und sie ziehen sich auf ihre Burgen zurück. Der persönliche und intensive Kontakt zu ihren Untergebenen lässt erheblich nach. Im Umkehrschluss heißt das für die Dorfbevölkerung eine größere Freiheit, da die Adeligen sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten des Dorfes einmischen können. Durch den Aufstieg der Ritter und Gutsherrn entsteht eine neue Schicht von vielen Grundbesitzern, was wiederum für die Bauern heißen konnte, dass sie mehreren Herren dienen mussten aufgrund unterschiedlicher Rechtsnormen. Wir Menschen der Neuzeit denken an Freiheit im Singular also die Freiheit, diese Ausprägung gibt es im Mittelalter nicht. Freiheiten im Mittelalter ist die Freistellung von einer Verpflichtung, also etwas nicht tun zu müssen. Ein weiterer Begriff ist der der Vogelfreiheit und bedeutet frei wie ein Vogel zu sein. Dieser Begriff verändert sich dann mit der Zeit in einen negativen Begriff und bedeutet den Verlust aller Rechte und des Grundbesitzes bei einer rechtmäßigen Verurteilung.
Für Städte im Mittelalter war es wichtig das Frieden herrschte um als Handelsplatz genutzt zu werden. Innerhalb dieser Städte galten wie bei der Landbevölkerung die verschiedenen Rechtssysteme, da es in den Städten neben den Freien auch Halbfreie und Unfreie gab. Die Herrschaft übte ein Stadtoberer aus nach dem sich alles zu richten hatte. Sehr früh bildeten sich in den Städten Schwurgenossenschaften oder auch Eidgenossenschaften. Es gab Bischofsstädte und Königsstädte, wobei bei den Bischofsstädten zuerst die Freiheiten aufkamen (Gent und Worms). Bei den Bischofsstädten ist es aber so, dass die Bischöfe nur in Teilen die Verfügungsgewalt hatten, aber vollumfänglich konnte das bei keiner Bischofsstadt festgestellt werden. In den Städten entwickelten sich die Ministerialen von unfreien Kriegern zu Menschen die Verwaltungsaufgaben wahrnahmen. Sie kamen als Zöllner, als Wechsler, als Marktbeamte usw. vor und zum bewaffneten Dienst. 1231 werden die Schwurgemeinschaften im deutschen Reich verboten, doch die Entwicklung lässt sich nicht mehr aufhalten und so entwickeln sich aus den Gemeinschaften dann die Zünfte des Mittelalters.